Für Berlin bedeuteten die Jahrzehnte von der Reichseinigung bis zum ersten Weltkrieg eine Ära des unerhörten Wachstums und Wandels. 1877 wurde die neue Hauptstadt des deutschen Kaiserreiches zunächst Millionenstadt, dann wurden 1905 die Zweimillionen überschritten. Aus der Residenzstadt der brandenburgischen Kurfürsten war eine moderne Weltstadt geworden − die freilich formal erst 1920 als Groß-Berlin gebildet werden sollte. Manchem kulturkritischen Betrachter ging diese Entwicklung allerdings zu schnell. Häufig verband sich dabei der anti-moderne Affekt mit der Kritik an der preußisch geprägten Geburtskonstruktion des Deutschen Reiches. Immer wieder wurden der „modernen Retortenstadt“ Berlin traditions- und kulturreichere Städte wie Wien vorgehalten. Kein Wunder also, dass das Bürgertum der Hauptstadt, bei allem Sinn für die Aufgaben der Zeit, auch nach Selbstvergewisserung in der Vergangenheit suchte. Für Berlin bot sich hier natürlich das preußische Erbe an, das vor den Kriegszerstörungen des 20. Jahrhunderts im Stadtbild noch überaus präsent war. Die Architekturfotografie, die Ende des 19. Jahrhunderts die Architekturmalerei nahezu abgelöst hatte, machte in dieser Zeit ein hervorragendes Angebot der Sinnstiftung: Mittels des modernen Mediums der Fotografie brachte sie dekorativ und in perfekter Technik die großen Kulturdenkmäler einer glorreichen Vergangenheit ins eigene Wohnzimmer. Ausgerechnet beim Berlin Dom handelt es sich aber um einen Bau der unmittelbaren Gegenwart, der den bescheideneren Schinkel-Dom ersetzen und den Repräsentationsanspüchen der Monarchie nach der Reichsgründung genügen sollte. Tatsächlich wurde die neobarocke, historistische  „Hofarchitektur“ der 1905 eingeweihten „Reichsrenommierkirche“ von vielen Seiten vehement angefeindet.